NAMIBIAS WILDE KATZEN

Obwohl ich schon mehrmals durch Namibia gereist bin, überrascht mich dieses Land immer wieder von Neuem. Bei meinem letzten Aufenthalt im Jänner 2018 war Kanaan N/a’an ku sé Desert Retreat mein absolutes Highlight. Diese Lodge umfasst 33 000 Hektar unberührte Natur, mit atemberaubenden Landschaftsszenarien und der Aufzucht von bedrohten Tierarten.

 

Landschaft in Kanaan

 

Bei meiner Ankunft wartete ich in der Rezeption, wo die Modezeitschrift Harper’s Bazaar mit Angelina Jolie und 3 Geparden auf der Titelseite da lag. Interessiert überflog ich den Artikel mit den echt beeindruckenden Aufnahmen. Die Rezeptionistin, die meine Begeisterung zu spüren schien, fragte mich, ob ich auch gerne solche Fotos machen würde. Natürlich wollte ich, wenn es wohl nur ein Wunsch bleiben sollte. Sie erzählte mir schließlich, dass diese Fotoserien vor ein paar Monaten auf dieser Lodge entstanden sind. Die drei sehr zahmen Geparden wurden extra für das Shooting von Windhoek hierher gebracht, denn die Zwei, die hier betreut werden, wären zu wild dafür gewesen. Aber wenn ich mutig genug wäre und mich die zwei Katzen akzeptieren würden, besteht die Möglichkeit sie in ihrem 5 Hektar großen Gehege zu fotografieren. Es verschlug mir regelrecht die Sprache, denn der Wunsch schien näher zu rücken, wenn ich auch noch eine Mutprobe zu bestehen hatte.

So ging ich am Nachmittag zur Fütterung, an der noch drei französische Touristen teilnahmen. Wir erhielten sowohl Erklärungen als auch Verhaltsanweisungen von einem jungen Guide. Die weiblichen Geparden wurden im Alter von nur wenigen Wochen von Farmern in die Naankuse Wildlife Sanctuary gebracht. In diesem Alter hätten sie ohne Mutter keine Überlebenschance in der Wildnis, da sie das Jagen noch nicht erlernt haben. Ihr Charakter dagegen ist zu diesem Zeitpunkt bereits schon stark von der Mutter geprägt. Die zwei Prachtexemplare, die wir gleich zu sehen bekommen sollten, sind trotz menschlicher Aufzucht Wildtiere, 2 und 3 Jahre alt, mit einem Schulterhöhe von etwa 70 – 80 cm.

 

KFC und Hannabella

 

Wir standen außerhalb des Geheges und der Guide rief ihre Namen. Zuerst kam die 3-jährige KFC, zwar die Kleinere, aber dennoch die Dominate im Gehege. Sie war total relaxed, packte ihren Fleischbrocken, den der Guide über den Zaun warf und zog sich zum Fressen in den Schatten zurück. Nach längerem Warten erschien die 2-Jährige Hannabella, eine wunderschöne, langbeinige Katze, die aus dem Norden von Namibia stammt. Ich realisierte sofort, dass sie schlecht gelaunt war. Sie schlich sich bedrohlich an, die Ohren flach gelegt, der Schwanz eingezogen und der Blick auf uns gerichtet. Völlig unerwartet, machte sie einen Satz vorwärts und sprang fauchend gegen den Zaun.

Ich zuckte für einen Moment zusammen, was sie zum Glück nicht bemerkte, da die Franzosen wie von Taranteln gestochen, davonrannten und hinter dem Auto verschwanden. So stand ich alleine mit dem Guide da, suchte ihren Blickkontakt und fing an mit ihr zu reden. Sie fixierte meinen Blick für etwa eine Minute, dann drehte sie den Kopf weg, während ich sie weiter anschaute und auch mit ihr redete. Schließlich blickte sie mich wieder an, und ich hatte die Prüfung bestanden.

 

fauchend Hannabella

 

Am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang fuhr ich mit Kai erneut zum Gehege. Kai arbeitet schon seit Jahren mit den Geparden. Ursprünglich betreute er auf der Lodge 5 Geparden, aber zwei starben an einem Infekt, während einer eines Nachts von einem Leoparden getötet wurde. Der Leopard sprang von einem großen Stein ins Gehege und fand auch wieder einen Weg hinaus. Seitdem wurde alles um einen elektrischen Zaun erhöht. Leoparden sind nachtaktiv, während die Geparden erst mit dem Sonnenlicht auf Touren kommen. Das konnte ich an diesem bewölkten Morgen gut beobachten, denn die Zwei wollten sich nicht zeigen, obwohl sich Kai die Kehle aus dem Leib schrie.

Schließlich kamen sie total verschlafen und gelangweilt daher spaziert. Meine neue Freundin stellte mich gleich wieder auf die Probe, indem sie uns zur Begrüßung ordentlich anfauchte. Wir waren noch außerhalb des Geheges und Kai richtete seinen ausgesteckten Arm gegen sie und sagte mit lauter, bestimmter Stimme:“ No „. Es wirkte Wunder, denn sie wurde sofort ganz kleinlaut. Er wies mich an dasselbe zu tun, falls sie sich wieder so aggressiv benehmen sollte. Laut ihm sei ihr Verhalten eine typische Reaktion, weil sie sich gegen KFC nicht durchzusetzen vermochte.

 

wilde Hannabella

 

Nachdem beide ihre Ration Fleisch erhalten hatten, kam der große Moment und wir gingen hinein. Anfangs hatte ich schon noch ein mulmiges Gefühl, das sich aber legte, als ich die ersten Fotos machte. Wir spazierten praktisch mit den Katzen durch das Gehege, um sie für einzigartige Aufnahmen auf die Sanddünen zu locken. Sie wirkten eher verschlafen, denn die Sonne wurde immer noch von den Wolken bedeckt, was mir allerdings vom Licht zum Fotografieren entgegenkam.

Kai klärte mich auf, dass der beidseitig schwarz verlaufende Streifen vom unteren Augenrand entlang der Nase dem Geparden wie eine Sonnenbrille dient. Somit können sie ihre Opfer mit kurzzeitiger Spitzengeschwindigkeit auch gegen das Sonnenlicht jagen. Um die Tiere trotz Gefangenschaft zu bewegen, spannen sie ein Stück Fleisch wie beim Hunderennen auf eine Vorrichtung, der die Geparden hinterherjagen müssen.

 

KFC – die Dominante

 

Hannabella ließ sich trotz Futter nicht überzeugen, auf die höchste Sanddüne hinaufzugehen. Sie war sehr eigensinnig, während KFC total gelassen alles mitmachte. Alles in allem faszinierte mich Hannabella aber weit mehr, sodass ich wieder zu ihr hinunterging, um sie zu fotografieren.

Sie verkörperte sowohl eine animalische Wildheit als auch eine graziöse Eleganz und war nebenbei das perfektes Fotomodel. Irgendwie kam mir vor, dass sie meine Aufmerksamkeit genoss. Sie wurde zutraulicher, sodass uns nur noch eine Distanz von 3 Meter trennte. Jedoch war mir aufgrund ihrer ständigen Reaktionen, wie Ohren flach legen, bedrohlicher Blick, sowie nervöses Aufschlagen vom Schwanz, klar, dass sie eine unberechenbare Katze ist. Aber gerade diese Reaktionen von ihr, als auch die unbeschreiblich schöne Landschaft und die Möglichkeit zu Nahaufnahmen, ließ mich einzigartige Fotos machen. Bilder, die man in der freien Wildbahn wohl kaum oder nur mit sehr viel Geduld schießt.

 

Katzenbuckel
bedrohlicher Blick

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Noch eine Bemerkung am Rand: Als wir das Gehege verließen, marschierte Hannabella auf die höchste Sanddüne hinauf und legte sich dort gemütlich nieder. Als ich Kai darauf hinwies, verdrehte er nur seine Augen und knurrte wie Hannabella.

 

Diese zwei Stunden im Gehege mit den beiden Geparden war mein spannendstes Fotoshooting, das ich je erlebt habe, und es wird eher schwierig sein, das zu übertreffen.

 

Eines ist jedoch gewiss, als großer Namibia-Fan werde ich wieder dorthin reisen. Wer weiß also, welche Überraschung mich bei meiner nächsten Reise erwarten wird?

 

KFC auf der höchsten Düne

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