BIST DU FOTOGEN?

Letzthin habe ich mich hinreißen lassen, einen Event zu fotografieren. Etwas, was mich eigentlich überhaupt nicht interessiert. Aber man soll ja bekanntlich auch einmal seine Komfortzone verlassen, um neue Erfahrungen zu sammeln.

Auffallend war für mich, wie unterschiedlich die Leute reagierten, wenn ich versuchte, sie zu fotografieren. Ich konnte im wesentlichen drei verschiedene Reaktionen der Besucher feststellen:

• Die Meisten setzten auf Kommando ein etwas erzwungenes Lächeln auf.
• Welche wissen sich einfach immer perfekt mit einem strahlenden Gesichtsausdruck in Szene zu setzen.
• Einige Wenige wehren ein Foto kategorisch mit der Aussage ab: „Ich bin nicht fotogen!“

Wie kommt es eigentlich, dass jemand fotogen ist und ein Anderer überhaupt nicht?

Ich denke, es hat hauptsächlich damit zu tun, ob sich jemand vor der Kamera wohl fühlt oder eben nicht. In dem Moment, wo sich im Kopf  der Satz: „Ich will nicht fotografiert werden“, verankert, ist man unsicher, versteift sich und das Foto ist eine Enttäuschung. Bei dem Event konnte ich auch von denen, die behaupteten nicht fotogen zu sein, gute Fotos einfangen, wenn ich sie unbemerkt fotografierte.

Von meiner Nichte kann ich die schönsten Porträtfotos machen. Sie ignoriert mich und die Kamera völlig, bewegt sich absolut natürlich und ist oftmals vollkommen abgelenkt, weil sie auf den Hund fokussiert ist. Von mir selber weiß ich, dass ich mich überhaupt nicht gerne fotografieren lasse, und eigentlich froh bin, hinter der Kamera zu stehen. Die schönsten Fotos von mir mache ich größtenteils selber, indem ich mein Handy als Fernauslöser und zugleich als Bildvorschau verwende. Es ist, als ob man einen Spiegel als Hilfe vor sich hat, und das Spiegelbild wird zum gewünschten Foto.

Ich wage also zu behaupten, dass es keine unfotogene Menschen gibt. Wenn man den Schritt wagt, sich fotografieren zu lassen, und der Fotograf es versteht, dass man sich vor der Kamera wohl und ungezwungen fühlt, wird sich jeder zum Fotogenen mausern.